Mittwoch, 17. November 2010

...Milchmädchenrechnung

der Corpus Delicti





Endlich hatte ich ihn gefunden: freundlich, billig und nahe.
Auf der Suche nach einem Innsbrucker Bauern, der bereit ist die Milch seiner Kühe an Privatpersonen zu verkaufen wurde ich fündig. Jenseits des Rapoldiparks steht ein unscheinbarer Bauernhof; eingewachsen in eine städtisches Bebauung, die mit ländlicher Bauweise nichts mehr gemein hat.
Wie durch ein Wurmloch gelangt man hier durch den Seiteneingang des Hauses in eine völlig andere Welt.
Es riecht verdammt nach Land, nach Kühen und viel Arbeit.
Für nur 80 Cent bekommt man einen Liter warme Milch und Einblick in eine für Stadtbewohner ferne - übrigens nicht lila farbene - Welt. Zuerst war ich enttäuscht keinen Milkomaten vorzufinden, sondern nur fixe Öffnungszeiten: 18-19 Uhr - jeden Tag.

Doch dann war ich froh darüber, denn die Bäuerin ist überaus freundlich und immer offen für Plaudereien.
Etwa 30 erwachsene Kühe stehen dort in Anbindehaltung in Reih und Glied. Freilauf haben sie nicht, weil es keine Zugang zu einer Alm gibt und auch sonst wenig Platz.
Sam zeigte sich äußerst interessiert, aber überwältigt von Wesen, deren Euter auf seiner Augenhöhe waren. Auch die Kälber waren ihm zu neugierig.
Da machte uns die Bäuerin auf das neue Kalb aufmerksam. Ich musterte alle Kühe, doch konnte kein Kälbchen zwischen den 120 Beinen entdecken.
Und dann sahen wir ein 4 Tage altes Häufchen lebendiges Kalbfleisch mit riesigen Augen in einer massiven, aber kleinen Metallbox liegen.
Natürlich getrennt von seiner Mutter bekommt es die Milch, die bei Abfüllen der Milchkannen verschüttet wird. Ich war wirklich nicht begeistert, denn hier war es endlich - das Vorführkalb meines schlechten Gewissens, das mich schon so lange plagt. Denn als Mutter eines kleinen Menschenkälbchens weiß ich: ohne Kalb keine Milchprodukte.

Am Heimweg dachte ich darüber nach, was ich tun würde, wenn ich wüsste, dass mein Nachbar auf sonderbar Weise eine Hündin halten würde. Eine Hündin, die ihre kleine Metallbox nie verlassen darf. Sie kommt nie ins Freie, kann sich in ihrer Box nicht umdrehen, liegt oft Stunden in ihrer eigenen Kacke und wird jährlich von einem Menschen künstlich befruchtet. Gleich nach der Geburt nimmt man ihr das Hündchen weg und legt es ebenfalls alleine in eine Box. Dann wird das Hündchen gemästet und gekocht (bitte keine Witze über das Dünsten) und die Hündin gemolken.

Zuhause hat Bene dann mit mir auf ein Glas Soja-Milch angestoßen. 'Gewöhnungsbedürftig' ist ein sehr freundliches Wort - zu freundlich. Nur Sam hat alles gierig ausgetrunken.

Also sprechen wir es einmal aus: Vegan. Auf das wird es bei mir auf kurz oder lang rauslaufen. Und das wird sicher die größte Umstellung bisher werden, denn ich trinke Milch nicht nur, ich liebe sie.
Nun, vielleicht fragt sich wer, was das denn mit Umweltschutz zu tun hat. Jawohl, sehr viel.
Schon lange weiß ich, dass die CO2 Bilanz von Milchprodukten nicht wirklich besser ist, als von Fleisch. Man kann den CO2-Verbrauch auf zirka ein Siebzehntel reduzieren, wenn man vegan lebt und Wasserverschmutzung, Flächen- und Ressourcenverbrauch radikal verringern.

Natürlich kann ich mich auch nicht von Lauch und Kohl und Lauch ernähren. Deshalb werden wir unser Projekt umgestalten. Ganz ohne Müll wird es nicht mehr gehen, denn vegane Produkte sind vielfach verpackt. Und auch ausschließlich bei Produkten aus Tirol wird es nicht bleiben. (Ich gebe auch zu, dass so viel Kraut und Kartoffeln sowieso unlustig machen.)
Unter dem Strich bleibt trotzdem eine enorme Einsparung von Umweltverschmutzungen. Ich werde es demnächst mal vorrechnen.
Und was ist mit der Gesundheit?
Mittlerweile empfehlen immer mehr Experten die vegane Ernährung. Eine viel zitierte Studie der international renommierten ADA (American Dietetic Association), eine 70.000 ExpertInnen umfassende Ernährungsorganisation zeigt, dass eine vegane Ernährung sehr wohl für Menschen in jeder Lebensphase geeignet ist.

Schritt für Schritt werden wir nun alles umwälzen. Oder ich zumindest. Mal sehen was unterm Strich dann rauskommt, für unseren Bauch und die Umwelt.

7 Kommentare:

  1. probiert mal die soja-reis-milch! die ist süßer als die pure sojamilch und weniger bröckelig. ;-) es gibt mittlerweile auch hafer- und dinkelmilch leicht zu bekommen. dein körper wird es dir sicher danken, denn kuhmilch ist eigentlich gar nicht so gesund für uns menschen- sie verschleimt und viele menschen reagieren mit verdauungsproblemen. mir tut der verzicht auf kuhmilch wirklich gut und schmecken wirds dir auch nach kurzer zeit! versprochen! :)

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  2. Uuuuiii! =/
    Ja die soja-reis-milch schmeckt auch so wie sie klingt. Meist du, ich soll die Hafermilch mal probieren?
    Ich bin seit fast dreißig Jahren auf Kuhmilch konditioniert. Ob ich das hinbekomm? Ich werd mich dran halten. Hoffentlich hast du mit dem dran gewöhnen recht. =/
    Trotzdem danke!

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  3. Hey Vroni!

    Super, dass ihr diesen Schritt wagt.
    Generell taugt mir Euer Blog sehr - komisch, dass ich erst jetzt, kurz bevor Michael den offenen Brief verfasst hat, darauf aufmerksam geworden bin.

    Zur Milch: Ja, probier mal Hafermilch! Natürlich schmeckt die auch nicht nach Kuhmilch, aber das tut keine pflanzliche Milch. Trinkst Du Milch denn gerne pur? Ich musste mich nämlich auch ziemlich an Sojamilch gewöhnen, aber ich mochte auch Kuhmilch pur nie... Bei Hafermilch ist die von "Oatly", "Natumi" oder der Haferdrink von dm (Alnatura) sehr lecker. Bei Sojamilch ist eigentlich die von Provamel oder Alpro(= nicht bio, aber vl. zum Gewöhnen gut geeignet) sehr lecker. Musst halt immer schauen, dass du welche mit Calcium erwischt --> die sind nämlich gesüßt und schmecken nicht so extrem nach Soja. Sojamilch und Hafermilch find ich am "cremigsten", Reis- und Dinkelmilch find ich eher erfrischend aber auch sehr lecker.

    Beim Kochen kann man übrigens sehr oft einfach Wasser statt Milch verwenden. zB. bei Bechamelsoße (dann einfach etwas Öl - Fett als Geschmacksträger) oder beim Frühstücksporridge (Haferbrei) - den frisch gequetschten Hafer weichen wir über Nacht mit Trockenfrüchten in Wasser ein und dann muss er am nächsten Morgen nur kurz kochen und wird soooo cremig. Ansonsten versuchen wir gerade uns generell das Verwenden von jeglicher Pflanzenmilch abzugewöhnen, weil's ein hochverarbeitetes Produkt (wenn auch ressourcenschonender als Kuhmilch) ist und immer in Verpackung daher kommt. Ist aber (für mich) eh nicht so leicht - Luxuskind! Haha..

    Und hey, ich wünsch Dir Vroni alles Gute bei deiner Diplomarbeit und vielleicht sieht man sich ja in der Zwischenzeit mal.. :)
    Freu mich, wenn Operation Limbo bald weitergeht!

    Liebe Grüße,
    Lisa

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  4. Hallo Lisa!
    Schon lange habe ich vor, zu deinem Artikel über das Reisen ein Kommentar zu schreiben. Das Thema beschäftigt mich nämlich auch überaus. Vor allem weil es auch Teil meiner derzeitigen Arbeit ist.

    Das mit der veganen Lebensweise ist sicherlich bis jetzt der größte Brocken, der auf mich zukommt - merke ich jetzt. Und ich ziehe wirklich meinen Hut vor allen, die es schon umgesetzt haben. (Übrigens: 'Brocken' klingt ganz schön heftig ;-) ich nenn es lieber 'gewissenhafter Genuß' ;-)

    Danke für all deine Tipps! Ich werd alles zumindest einmal ausprobieren.
    Mein Hauptproblem liegt daran, dass Milchprodukte in der Regel schnell, ohne zu Kochen zur Verfügung stehen. Das ist ganz wichtig, wenn man ein kleines Kind zu Hause hat und selbst nicht immer zum Kochen kommt. Und da bietet sich ein Stück Käse(-Brot), ein Joghurt oder ein Glas Bananan(ups)Milch einfach an. Einen Apfel rührt mein kleiner Liebling nämlich nicht an. =)

    Du, ich bin übrigens sehr interessiert, wie ihr den Spagat Selbstversorgung und vegan schaffen werdet. Wollt ihr nicht mal zu diesem Thema einen Beitrag schreiben? Nämlich speziell zum Thema Ernährung. Das finde ich sehr spannend!

    Übrigens, wegen dem Thema Reisen: Wien - Innsbruck hat eine super Zugverbindung. Die ist sehr klimafreundlich, weil die ÖBB fast nur mit Wasserkraft fährt (im Gegensatz zur DB, die noch mit Kohlekraftwerken befeuert werden pfui) und Innsbruck ist soooo schön!
    Liebe Grüße Vroni

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  5. Hallo Lisa!
    OK, jetzt versteh ich, wie das Porridge funktioniert. Versteh ich richtig, dass es eigentlich nix anderes als Hafermilch ist?

    http://die-ueber-lebens-kuenstlerin.blogspot.com/2010/12/milch-ergebnisse.html#comments

    Da erspart man sich ja von vorn herein die Verpackung. Sorry, für meine absolute Unkenntnis der Lage.
    LG, Vroni

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  6. Hallo, Vroni (und Lisa), zum Thema Soja kann ich noch ein bisschen etwas beisteuern; ich bin ja ein grosser Fan von allem, was ich früher mit Oberssaucen gemacht hab´ und was ohne Milchprodukte schwer und bei häufiger Verwendung doch erheblich teurer zu machen ist, als das Herkömmliche; ausserdem ist mir Soja-Obers noch ein bissl suspekter als Sojamilch (die ich ganz naturgemacht in Vietnam schon getrunken habe und dort hat sie einen sehr intensiven Sojabohnengeschmack, der gewöhnungsbedürftig ist, mich aber nicht stört); ich kaufe sehr oft getrocknete Mung- oider Sojabohnen (die Sojabohnen sind etwas heikler weil sie im ungekochten Zustand Gifte enthalten), die ich - ähnlich wie Linsen - einweiche, koche und (mit etwas Wasser oder Sojamilch) püriere und als - für mich - passablen Schlagobers- oder Creme Fraicheersatz nehme; als Geschmacksträger gebe ich noch ein bisschen Öl (meistens kaltgepresstes Rapsöl) dazu; mit Pesto oder gerösteten Zwiebeln gibt das eine ganz gute Spaghettisauce;
    diese Seite, liebe Vroni, finde ich sehr super, ich persönlich hab´ erst in letzter Zeit (und ich bin ja schon eine alte Schachtel) so richtig mitbekommen, was wir so konsumieren und wie wir trotz Sicherheit und Sattheiten an den diversen Weltkatastrophen mitwirken, bin allerdings über Bio, Fairtrade, saisonal und regional noch nicht sehr weit hinausgekommen; im Moment mag ich GAR NIX kaufen, weil ja fast alles irgendwie dubiose Ursprünge oder zumindest Spuren hat. Kleidung hab´ ich (so wie die meisten Menschen bei uns) sowieso bis ins Jahr 2050, Wohnungs- und Haushaltsachen auch, da spar´ ich lieber, um mich bei "atmosfair" von meinen Co2-Sünden freizukaufen, die ich auf meinen Flügen und mit meiner kleinen Karre produziere.... danke jedenfalls für Initiative und Engagement und alles Gute für deine DA!!! Liebe Grüsse Martina

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  7. Vegan is very easy, wenn Du erstmal weißt wie es geht. Es lohnt sich, anfangs wars schwierig, nach 4 Monaten hatt ich endgültig aber den Dreh raus. Vegan is empfehlenswert.

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