Freitag, 3. Dezember 2010

...liebe Grüße an das Experiment Selbstversorung

Lieber Michael! Liebe Lisa!

Danke, Michael, für deinen offenen Brief.(http://experimentselbstversorgung.net/?p=522)
Bei so vielen freundlichen Worten will ich natürlich gerne antworten.

Als ich vor mehr als fünf Monaten zum Geburtstag von Bene „Ökostrom“ geschenkt bekommen hab, dachte ich nicht wohin denn das führen würde.
Natürlich haben wir Müll getrennt (und sogar sauber ausgewaschen), gerne dienstags Universum geschaut und alle paar Jahre bei der Partei ein Kreuzerl gemacht, der wir am meisten Umweltproblemlösungskompetenz zutrauten.

Aber ich hab mich auch jeden Dienstag geärgert, dass der blöde Kommentator am Ende jeder Folge von Universum sagte, dass es das soeben gesendete Paradies aufgrund von blöden Wilderern/Staaten/Menschen bald nicht mehr geben sollte - das hat mir jedes Mal ordentlich die Stimmung versaut. Ich hab mich schrecklich geärgert, über korrupte Politiker, die zuließen, dass der Regenwald abgeholzt wird. Ich hab mich geärgert über die bornierten Amerikaner, die so viel Auto fahren und Wasser verbrauchen.

Und dann sind wir leicht naiv gestartet mit dem Vorhaben 'klimaneutral' und umweltfreundlich zu leben –hört sich ja schließlich auch cool an, oder?

Wir sind rein gewachsen in die Sache, haben wirklich viel gelesen. Je mehr wir lasen umso mehr wurde uns bewusst, dass es nicht nur an denen liegt, die verschwenderische, fette SUVs fahren, viel fliegen, Kaviar essen und Pelzmäntel tragen.
Mir wurde bewusst, was wir mit unserem kleinen Familienleben für einen gewaltigen Schaden anrichten. Wir, Teil eines Systems, waren mit unserem gesamten Alltag mit Schuld an einer erschreckenden Entwicklung.
Nie hätte ich gedacht, dass wir mit dem Kauf unserer Spielkonsole den kongolesischen Bürgerkrieg unterstützten und in unseren Handys Konfliktmaterialien stecken, die mit großer Wahrscheinlichkeit von Kindern aus Minen gekratzt wurden.

Wir haben täglich ein bisschen mehr verstanden, wie unsere Welt funktioniert. Und obwohl diese Wirklichkeit verstört und überwältigt, will ich auch in Zukunft nicht aufhören verstehen zu wollen. Dies ist der Motor unserer Veränderung.

Aber all das Wissen lastet schwer auf meinem Rücken.
Du schreibst: "Es laufen so viele Dinge schief auf dieser Welt, dass man oft gar nicht weiß, wo man anfangen soll."
Pest oder Cholera, was ist besser? Oft bleiben sogar mir die Worte weg und ich stehe wie gelähmt vor einem Regal im Supermarkt und überlege, ob ich nicht nur irgendwo im Leben falsch abgebogen bin. Sondern ob es einen richtigen Weg überhaupt gibt, wenn man ausschließt, dass man sich nicht irgendwo runterstürzen will.

Dieser Blog sollte eigentlich ursprünglich unser Druckmittel sein, auch weiterhin konsequent zu sein. Ist schließlich viel peinlicher, öffentlich aufgeben zu müssen. Aber das ist nicht mehr der Hauptgrund. Die positiven Nebeneffekte der Operation Limbo tragen das Projekt von alleine. Zusätzlich hat der Blog uns auch in Kontakt gebracht mit vielen anderen Menschen, was uns in unserem Denken gleich viele Schritte vorwärts gebracht hat.

Ich habe einige gut gebildete Menschen getroffen, die mit mir meine damalige Meinung teilten, dass diese Welt sowieso nicht zu retten sei. Aus diesem Grund hatten sie beschlossen, noch genussvoller, konsumorientierter und verschwenderischer zu leben. Natürlich beobachte ich deren Leben argwöhnisch. Kann es sein, dass wir auf dem falschen Dampfer sitzen?
Auch sie waren in einer ähnlichen Situation gewesen wie wir, in der sie erkannt hatten, dass der kaum zu bremsende Zug in eine „unglückliche“ Richtung fährt, um es mal nett zu formulieren. Neulich dachte ich mir dann eben auch, was soll’s? Wir haben gekauft, worauf wir Lust hatten, Nutella, Backpapier, einen schicken Wintermantel…

Aber es macht keinen Spaß mehr, denn wir wissen bescheid. Folglich kann ich mir auch nicht vorstellen, dass dieser Lebensweg glücklich machen kann. Kann man mit diesem Gewissen wirklich gut leben?

Anderseits bin ich soo dankbar für alle, die wir außerdem kennen gelernt haben, und die mir dann den Vogel zeigen! ;-) Die mir sagen, dass wir selbstverständlich noch das Lenkrad herumreißen werden. Alle zusammen. Oder zumindest eine kritische Masse an Menschen.

Ich finde es besonders faszinierend, dass ihr zwei als Veganer Selbstversorger werden wollt. Geht denn das überhaupt? Ich bin gespannt! Denn ich weiß noch gar nicht, wie das mit dem ‚normalen’ veganen Leben überhaupt klappen soll.
Auf der anderen Seite, finde ich großartig, dass ihr wirklich erfolgreich dabei seid, ein Netzwerk aufzubauen. So etwas fehlt schon lange –nicht nur in Österreich. Hut ab!

Nun ja, jetzt sehe ich mal in den nächsten Monaten, dass ‚meine G’scheitheit’ auch staatlich anerkannt wird. Und falls wir uns vorher nicht mal treffen, was mich seeeehr freuen würde, sind wir dann wieder dabei, beim bloggen. Dann aber mit diplomierter Gescheitheit ;-)

Donnerstag, 2. Dezember 2010

...und sowieso und überhaupt

Was kaufen Menschen, die Jaaahre fernab jeder konsumorientierten Welt ihr Dasein fristen mussten und dann plötzlich in einer M-Preis-Filiale stehen?

Ich weiß es genau und ich kann es euch detailliert auflisten:
1 großes Glas Nutella, 1 Packung Soletti, Barilla Saucen und Fertignudeln in zwanzig verschiedenen Formen, eine Wochenladung Hipp Babynahrung, Eis, Eiswaffeln, Biskotten, Bananen, Schokolade, Kochschokolade, Buttermandelstollen, diverse Weihnachtssortenjoghurts und sowieso und überhaupt.

Jawohl wir sind umgefallen - 'but such what from'!

Die Widrigkeiten unsers Projekts schlugen mit voller Wucht zu und begruben alle Bemühungen mit einer dünnen Schicht Schnee.
Nachdem ich mich wohl oder übel mit der Beendigung meines Studiums tunlichst auseinandersetzten sollte und weniger (gar keine) Zeit in die Operation Limbo investierte, nachdem Sam krank war, nachdem die Bauern nur Vormittags in der Markthalle sind, nachdem die Bauern in der Markthalle halt auch nur mehr Sauerkraut verkaufen, nachdem ich mit dem Fahrrad über den Matsch schlitterte, nachdem ich es satt hatte immer das selbe zu essen, nachdem ich Kiloweise an Gewicht zulegte, weil ich eben alles Gemüse (das mich in diesen finsteren Zeiten im Stich ließ) durch Milchprodukte ersetzte und dann erkennen musste, dass dies weitaus umweltschädlicher ist, als ein Apfel aus Neuseeland, hatte ich es satt! Jawohl! und sowieso und überhaupt!

Wie im letzten Beitrag geschrieben, werden wir wohl alles neu ausrichten müssen. Nur wie?

Leider bin ich aber im Moment gezwungen, dringend meine Diplomarbeit fertig zu schreiben. Deshalb werden wir hier für ein paar Monate eine Pause einlegen, so traurig mich das auch macht.
Das heißt aber noch lange nicht, dass wir aufgeben! [Rufezeichen]
Ich freu mich schon, wenn ich euch berichten kann, ob und wie sehr wir diesen Winter gefroren haben, wie denn die Umstellung auf 'vegan' voran geht, wie man Bananen anpflanzt ;-) und ob ich meinen Traum-Permakultur-Bauern gefunden habe.
Versprochen!
Liebe Grüße, Vroni

Ps: Ich bin sehr froh, dass wir hier bei weitem nicht die einzigen sind, die ihr Leben (öffentlich) umweltfreundlicher gestalten, oder sich für den Umweltschutz stark machen. Deshalb möchte ich euch auf folgende Blogs aufmerksam machen, die ich immer gerne lese:

http://experimentselbstversorgung.net/
http://www.keinheimfuerplastik.at/
http://www.ende-der-maerchenstunde.de/
http://querschrift.wordpress.com/
http://permakultur-blog.de/
http://klauswerner.com/